#2 SUCHEN & FINDEN



Man muss das Rad nicht neu erfinden, wie es so schön heißt. Und auf meiner Suche nach einer Möglichkeit sich für ungerechte Bezahlung zu engagieren, stieß ich auf den VGSD, den Verband der Gründer und Selbstständigen e.V.

Als Initiator und Vorstandsvorsitzender gibt Andreas Lutz hier im Interview Einblicke in die wichtige Arbeit, die der Verband verrichtet.

J6: Wie ist die Idee zur Gründung des VGSD entstanden? Wann wurde der Verband gegründet?

Andreas Lutz: Einzelkämpfer und kleine Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern haben keine Lobby. Mit dem Verband der Gründer und Selbständigen wollen wir dieser zahlenmäßig großen Gruppe eine Stimme geben. Indem wir für sie sprechen, aber auch indem wir für gemeinsame Anliegen engagierte Selbständige unterstützen, z.B. durch unseren großen Newsletter, unseren Presseverteiler, das Petitions-Knowhow usw.
Der Verband entstand vor zwei Jahren aus dem Widerstand gegen die Kürzungen beim Gründungszuschuss und aus der erfolgreichen Petition gegen die geplante Rentenversicherungspflicht für Selbständige, die für viele Selbständige mit geringem Einkommen das Aus bedeutet hätte.

J6: Wie ist der VGSD aufgebaut und organisiert?
AL: Der VGSD hat Stand Juli 2014 450 Vereinsmitglieder und 1.800 Community-Mitglieder (Interessenten/ Unterstützer). Regionalgruppen treffen sich regelmäßig in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Karlsruhe, Köln, Nürnberg und München. An den Treffen darf jeder teilnehmen. Gerne gleich unter http://www.vgsd.de/meetups/ den nächsten Termin auswählen und anmelden.

J6: Was ist das große Ziel des VGSD? Und was die vielen kleinen?
AL: Ein Ranking der wichtigsten Anliegen findest Du unter http://feedback.vgsd.de/ - Dort bestimmen unsere Mitglieder und Interessenten, welche Themen wir als nächstes angehen sollen. Die Anliegen fallen in drei Bereiche: Sozialversicherung, Bürokratie und Zwangsabgaben sowie Gründungsförderung. Bei den Sozialversicherungsbeiträgen bzw. Beitragspflichten geht es ums meiste Geld, deshalb stehen diese Themen ganz oben auf der Agenda. Am besten einfach mal reinschauen und mit abstimmen. Wenn noch ein Anliegen fehlt, kann man dieses sofort eintragen und auch darüber wird dann abgestimmt. Das funktioniert sehr gut.

J6: Welche Möglichkeiten des Engagements und welchen Nutzen gibt es für Mitglieder des Verbands? 
AL: Selbständige haben viele Fähigkeiten, aber wenig Zeit, deshalb bieten wir vielfältige Möglichkeiten, sich zu engagieren. Per Rundmail bitten wir z.B. um Mitzeichnung einer wichtigen Petition, Unterstützung einer Kampagne duch einen Brief an einen Politiker, die Bereitschaft, mit einem Journalisten zu einem bestimmten Thema zu sprechen und Probleme von Selbständigen im konkreten Fall zu beschreiben usw. Innerhalb der Regionalgruppen geht es um die Teilnahme oder auch Organisation an thematischen Treffen, an Stammtischen oder auch gemeinsamen Ausflügen. Wir suchen Mitglieder, die neue Mitglieder willkommmen heißen. Unsere Website ist teilweise ehrenamtlich entstanden und auch unsere Telkos werden teilweise ehrenamtlich moderiert.
Unter "Mitmachen" listen wir auf der Website Ideen auf, wie man sich in bis zu 5 Minuten, in wenigen Stunden oder regelmäßig engagieren kann. Jeder Beitrag zählt!
Mitglieder haben Zugriff auf unsere wachsende Bibliothek mit Aufzeichnungen von Experten-Gesprächen. Sie profitieren von Vergünstigungen im Bereich Altersvorsorge (50% Rabatt), Handyverträge (30% Rabatt) usw. Vor allem geht es aber natürlich um eine effektive Interessenvertretung, dafür brauchen wir möglichst viele, auch zahlende Mitglieder (der Beitrag beträgt ab 5 Euro/Monat).


J6: Welche Kooperationen sind geplant, bspw. mit der Kultur- und Kreativwirtschaft. Hier wissen viele Selbstständige nicht, welche Plattformen und Verbände es gibt, die ihnen weiterhelfen können.
AL: Viele unserer Mitglieder kommen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft. Dem tragen wir Rechnung durch Veranstaltungen etwa zum Thema "Künstlersozialkasse aus Sicht der Versicherten" (fand am 8. Juli 2014 statt, für Mitglieder haben wir auf der Website den Foliensatz und Audiomitschnitt bereit gestellt ). Die Experten geben dabei ganz konkrete Tipps, etwa zum richtigen Ausfüllen des KSK-Fragebogens.
Zusammen mit faire-honorare.de planen wir eine Befragung zum Thema Honorarhöhe in verschiedenen Branchen. Wer interessiert ist, kann sich unter http://www.vgsd.de/mitglied-werden/ kostenlos als Community-Mitgied anmelden und wir informieren ihn bzw. sie, sobald die Befragung startet.

J6: Ist denn zum Beispiel das Thema der fairen Bezahlung ein großes Thema im Verband und bei den Mitgliedern? 
AL: Faire Bezahlung ist natürlich für uns alle von grundsätzlicher Bedeutung. Die genaue Höhe handeln die meisten von uns direkt mit Ihrem Auftraggeber aus - im Wettbewerb mit anderen Selbständigen. Ein großes Problem: Nicht alle Anbieter sind auf ein bestimmtes Einkommen angewiesen. Wer nur nebenbei ein bißchen arbeiten möchte, verdirbt u.U. die Preise für die Kollegen. Deshalb veranstalten wir Experten-Telkos (Teilnahme kostenlos), zum Beispiel am 7. Oktober 2014 zum Thema "(Mindest-)Honorare kalkulieren und durchsetzen".

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Das Schöne: alles, was schriftlich nicht zu den Fragen passte, erzählte mir Andreas Lutz auch noch in einem ausführlichen und sehr interessanten Telefonat. Ein Versuch zusammenzufassen:

Ein durch und durch motivierter Mensch, der diese Motivation auch und vor allem aus seinen persönlichen Erfahrungen als Selbstständiger und mit Selbstständigen bzw. Gründern zieht. Er lobt die engagierten Mitglieder des Verbands und ist von meiner Pay Me!-Initiative, die ich bald hier vorstelle, begeistert. Er kann gründerfeindliche Gesetze überhaupt nicht nachvollziehen und sieht die Stärke eines Verbandes in der gebündelten Vielzahl von Stimmen, die glaubwürdiger agieren kann als ein Einzelunternehmen. Er mag die demokratische Abstimmung der Themen per Internet, auch wenn er kein Piratenpartei-Wähler ist.

Schaut auf die Webseite des VGSD - es lohnt sich!