MUTIGER WELTUNTERGANG



Kaum ein Hollywoodfilm kommt mehr ohne aus: Lars von Trier‘s Melancholia zeigt verwackelte und unscharfe Bilder.
Die Kameraführung erinnert nicht nur an die Anfänge der Dogma 95 Bewegung, die mit Hilfe des dänischen Regisseurs ins Leben gerufen wurde. Sie ahmt auch eine Art von Realität nach, wie sie der Zuschauer von etlichen Reality-TV-Sendungen kennt. Eine Wahrnehmung, die zugleich realer wirkt als glatt gebügelte Hollywood-Filme. In Verbindung mit dem bevorstehenden Untergang der Welt durch eine Planetenkollision, macht dies die eigentliche Faszination von Melancholia aus.

Der Film jedoch zeigt dem Zuschauer zuerst einmal eine scheinbar banale Welt, in der die Rituale einer Hochzeit duch die depressive Braut Justine (untypisch und deshalb großartig: Kirsten Dunst) regelrecht sabotiert werden und die Hochzeitsnacht durch einen wahllosen One Night Stand ihrerseits ein jähes Ende findet. Im zweiten Teil, der nach Justine’s Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg) benannt ist, kommt es zur kosmischen Katastrophe: ein Planet rast auf die Erde zu. Einzig Justine fühlt sich zum Todbringer Melancholia hingezogen. Erregt sonnt sie sich des Nachts in seinem Licht. Das planetarische Problem wird nicht, wie in anderen Science-Fiction Filmen, durch ein Superkommando einer Weltraumfahrtsbehörde gelöst, sondern im alltäglichen Leben auf der Erde verankert. Richard Wagner’s wiederkehrendes Motiv "Tristan & Isolde" sowie eine achtminütige Computeranimationsshow zu Beginn des Films verstärken dagegen das Gefühl, einem (schlechten) Traum beizuwohnen. Ein Film, der viele Konventionen untergräbt und das Fantastische so sehr zum Glaubwürdigen macht, dass der Zuschauer nach dem Film erst einmal nach Luft ringen muss.




Kommentare